Ondes de choc – Prénom: Mathieu
Lionel Baier, Schweiz, 2018o
Nach einem wahren Kriminalfall: Der 17-jährige Mathieu kehrt nach Hause zurück, nachdem er beim Autostopp brutal überwältigt und vergewaltigt worden ist. Traumatisiert versucht er wieder Fuss zu fassen in seiner Familie, seiner Schule und in seinem Dorf. Trotz Unterstützung findet er aber nur schwer in sein früheres Leben zurück, zumal die polizeiliche Rekonstruktion des Tathergangs und das Anlegen eines Täter-Phantombilds die Stunden des Schreckens immer wieder zurückbringt. Mehr und mehr wird es Mathieu zum Bedürfnis, dieses Phantom kennenzulernen.
Baiers Beitrag zu Ondes de choc greift einen Fall aus den mittleren achtziger Jahren auf und nutzt dies für eine Hommage an die eigene Jugendzeit des Regisseurs, die mit ihren Walkmans, süffigen Popsongs und Brutalovideos wie eine ungelenke Vorwegnahme des digitalen Zeitalters mit seiner Omnipräsenz mobiler Zerstreuungsmedien wirkt. Gegen die Dauerberieselung durch die Verdrängungsmaschinerie insistiert Baier auf der Dauerpräsenz des Traumas, das sich als Schatten über den Alltag des Gewaltopfers legt. Umso schlüssiger daher Mathieus Wunsch, dem Täter irgendwann Auge in Auge gegenüberzustehen - und umso konsequenter das Ende, das abrupt anmuten mag, aus der Konfrontation des Wunsches mit der Realität aber einen logischen Schluss zieht.
Andreas FurlerSur un sujet hypermédiatisé, Lionel Baier garde son souffle de cinéaste viscéral jusque dans les moindres terminaisons nerveuses de la narration.
Cécile Lecoultre