Film Stars Don't Die in Liverpool
Paul McGuigan, GB, 2017o
Nach den Memoiren des britischen Schauspielers Peter Turner erzählt dieser Film die verspielte und doch leidenschaftliche Liebesgeschichte zwischen Turner und der exzentrischen Schauspielerin und Oscar-Preisträgerin Gloria Grahame. Was als aufregende Affäre zwischen der Filmdiva und ihrem jugendlichen Liebhaber beginnt, entwickelt sich rasch zu einer tieferen Beziehung. Turner ist schliesslich die einzige Person, die Grahame in den letzten tragischen Tagen ihres Lebens Trost und Stärke spenden kann.
Die amerikanische Schauspielerin Gloria Grahame und ihr britischer Berufskollege Peter Turner verliebten sich in den späten siebziger Jahren in Liverpool: Er war ein aufstrebender Nobody, sie ein ehemaliger Weltstar, der mit Regiegrössen wie Nicholas Ray, Vincente Minnelli und Fritz Lang gearbeitet hat. Sie hatte britische Hochadlige unter ihren Vorfahren, er Arbeiter aus seiner Heimatstadt Liverpool. Er war Mitte Zwanzig, sie Mitte Fünfzig und gezeichnet von ihrer Brustkrebs-Erkrankung. Wäre die Geschlechtekonstellation in dieser Romanze umgekehrt, würde kein Hahn danach schreien: Alternder Mann schnappt sich junge Frau, junge Frau will nach oben und weiss, dass der Alte bald abtreten wird - business as usual, das übliche Ding. Doch weil es für einmal umgekehrt ist - oder war, denn die Geschicht ist wahr - horchen wir auf: War beim jungen Mann mehr als Kalkül im Spiel? War die alternde Oscarpreisträgerin Gloria Grahame nur eine tragische Figur, heillos gefangen in nostalgischen Träumen wie ihre Namensvetterin in Sunset Boulevard? Das Verdienst dieses bittersüssen Liebesfilms ist, dass er die Klischees unterläuft, indem er sie anfüllt mit Lebendigkeit, Widersprüchlichkeit, Feinheit, Humor. In diesem Zusammenhang von der sechzigjährigen Annette Benning zu schwärmen, hiesse Ocars nach Hollywood tragen, doch auch der gut dreissigjährige Jamie Bell changiert mühelos zwischen Schwere und Leichtigkeit. Der junge Lover war für Gloria Grahame übrigens keine ganz neue Erfahrung. Bereits 1960 hatte sie ihren Ehemann Nicholas Ray gegen dessen Sprössling eingetauscht und den Stiefsohn geheiratet.
Andreas FurlerDas ist ein romantisch-melancholischer Abgesang auf eine heute fast vergessene Filmdiva. Gloria Grahame war im Hollywood der 40er- und 50er-Jahre auf Femme-fatale-Figuren abonniert. Der Film von Paul McGuigan fokussiert aber nicht auf Grahames Blütezeit, sondern auf ihre letzte Affäre mit dem englischen Schauspieler Peter Turner, auf dessen Buch diese Romanze basiert.
Hans Jürg ZinsliAnnette Bening verliebt sich als gealterte Film-noir-Diva Gloria Grahame in einen unbekannten, 30 Jahre jüngeren Bühnendarsteller (Jamie Bell). Regisseur Paul McGuigan bemüht sich zusehends die (wahre) Liebesgeschichte vielgestaltig und bewegungsreich zu erzählen. Er springt immer wieder zwischen verschiedenen Orten und Zeiten, zwischen 1979 und Grahames Krebstod 1981, zwischen Pathos und feinem Humor. Das Gewicht des Films trägt trotzdem Bening. Sie sucht unter der Oberfläche einer verblassenden Sex-Ikone die Zartheit einer verletzlichen, komplizierten Frau mit katzenhaften Charme.
Annett ScheffelAnnette Bening sidère en gloire hollywoodienne déchue dans un drame romantique classique mais pas moins vibrant d'émotion.
Nicolas Clément