The Dead Don't Die

Jim Jarmusch, USA, 2019o

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vzurück

Eine Verschiebung der Erdachse löst in der Kleinstadt Centerville seltsame Ereignisse aus. Während Sherriff Cliff Robertson noch rätselt, was es damit auf sich hat, ist sich sein Kollege Ronald bereits sicher: Es muss sich um eine Zombie-Epidemie handeln.

Driver, Bill Murray und Chloë Sevigny sorgen als Cop-Trio für lethargischen Humor, während Tilda Swinton als schottische Bestatterin überirdisch cool das Samurai-Schwert schwingt und zahlreiche Gaststars sich die Klinke respektive Gedärme in die Hand geben. Wahrhaft grauslich ist aber nur der Holzhammer, mit dem Jim Jarmusch uns die selbstreferenzielle Zombie-Apokalypse als Satire aufs seelenlose Konsumentendasein einbläut.

Julia Marx

Es wird nicht dunkel in Centerville, um acht Uhr nicht, um neun nicht, um zehn nicht. Die Bewohner wundern sich. Was geht nur vor? Jim Jarmuschs Zombieapokalypse besticht hauptsächlich durch ihr Staraufgebot: Bill Murray, Adam Driver und Chloë Sevigny sind die Polizisten des Ortes. Steve Buscemi ein Farmer mit einem "Make America white again"-Basecap; RZA von Wu-Tang ist der Paketbote; Selena Gomez ein Teenie auf Durchreise; Tom Waits ein im Wald lebender Einsiedler. Sie tun sich angesichts des Weltuntergangs zusammen. Das kann nicht gut enden.

Juliane Liebert

Entre ironie et élégance, Jim Jarmusch lâche les morts vivants sur un monde en proie à une catastrophe écologique.

Thomas Sotinel

Noir… et très drôle.

Olivier Joyard

Galerieo

14.05.2019
© Alle Rechte vorbehalten Süddeutsche Zeitung. Zur Verfügung gestellt von Süddeutsche Zeitung Archiv
Tages-Anzeiger, 14.05.2019
Cannes eröffnet mit Jarmuschs Zombie-Apokalypse

In «The Dead Don’t Die» bezieht Jim Jarmusch den Untoten-Aufmarsch auf die Trump-Ära. Auf dem roten Teppich ging es weniger politisch zu und her.

Von Pascal Blum

Von weitem sah es so aus, als sei Tilda Swinton im Kettenhemd an die Cannes-Eröffnung gekommen. Es waren aber nur die funkelnden Dinger an ihrem Kleid, die diesen Eindruck entstehen liessen. Unterwegs zum roten Teppich hielt sie kurz an, um ihren Namen auf hingestreckte Zettel zu kritzeln, und ein Fan hielt ihr tatsächlich ein Plakat von «Avengers: Endgame» entgegen. Das konnte sie aber auch gleich unterschreiben, denn da spielt Tilda Swinton ja auch mit, als The Ancient One. Nachher joggte sie rüber zu den Kollegen Jim Jarmusch, Bill Murray und Adam Driver, um mit der Zombiekomödie «The Dead Don’t Die» das Festival zu eröffnen.

Soll also niemand sagen, in Cannes kämen nicht verschiedene Welten zusammen. In «The Dead Don’t Die» waren es die Totenwelt und die Welt der Lebenden: Im malerischen Örtchen Centerville, wo David Lynch bestimmt noch eine Neuauflage von «Twin Peaks» drehen könnte, geschehen ein paar seltsame Dinge. Am Abend wird es nicht mehr richtig dunkel, und das Lokalfernsehen erreichen immer mehr Berichte über aggressiv gewordene Haustiere. Haben diese Vorkommnisse etwas damit zu tun, dass die Erde aus ihrer Achse gesprungen ist, seit die USA an den Polarkappen mit Fracking begonnen haben? Wahrscheinlich schon.

Poplinker Agitprop

Dass der junge Tankwärter einen George-Romero-Pin trägt, deutet jedenfalls darauf hin, dass die Zombiehorde nicht mehr allzu weit entfernt ist. Als die Untoten dann ins Städtchen einfallen, hat man eigentlich bereits alles verstanden, was Jim Jarmusch hier sagen möchte: Der Bauer in Centerville trägt ja ein «Make America White Again»-Cap, derweil alle anständigen Kleinstadtmenschen ein flaues Gefühl im Magen kriegen, weil die Welt auf einmal so sonderbar geworden ist. Der Zombie-Aufmarsch als Parabel für die Trump-Ära also, oder anders gesagt: So müde waren die Untoten im Kino schon lange nicht mehr.

Als Elder Hipster des amerikanischen Indie-Kinos muss Jim Jarmusch, der sich in «Only Lovers Left Alive» ja auch schon die populäre Mythologie des Vampirs vorgenommen hat, natürlich auch ein paar selbstreferenzielle Scherzchen machen über die Unmöglichkeit, heute noch einen Zombiefilm zu drehen. Wahrscheinlich gehört da auch der Gag dazu, dass die Wiederauferstandenen mit leuchtendem Display in der Hand das Wort «Wifi» gurgeln – denn so etwas kann man ja nur als Meta-Witz darüber verstehen, dass der Zombie als sozialkritische Metapher nun wirklich ausrangiert gehört. Oder war das etwa lustig gemeint?

Richtig sicher scheint sich Jim Jarmusch auch nicht zu sein, wie witzig er das alles noch findet. So eindeutig, wie er den Zombiestoff auf die politische Situation hin plättet, wirkt vieles einfach nur noch flach. Die grösste Ironie dabei ist vielleicht, dass der ultracoole Regisseur von «Stranger than Paradise» heute zu jenen gehört, die meinen, sie kämen mit ihrem poplinken Agitprop irgendwie davon, solange sie ihn mit ein paar reflexiven Scherzen auf die filmische Form und die Geschichte des Genres brechen.

Das reicht aber nicht, weshalb Jarmusch wohl auch immer so viele grossartige Schauspieler anstellt: Ihre Auftritte haben das Überschiessende, das dem Film insgesamt fehlt. Diese Tilda Swinton zum Beispiel wieder: In Centerville ist sie die Bestatterin mit knalliger Schminktechnik und grossen Fähigkeiten am japanischen Samuraischwert, und so etwas kann man getrost einfach laufen lassen.

Und dann gab es noch die unsterbliche Szene, in der Iggy Pop einem Grab entstieg und im amerikanischen Diner eine Kanne abgestandenen Kaffee runterkippte. Er verrenkte kurz den Kopf und würgte ein «Coffee!» hervor, und einen Moment lang gab es nichts Besseres auf der Welt.

© Alle Rechte vorbehalten Tages-Anzeiger. Zur Verfügung gestellt von Tages-Anzeiger Archiv
taz. Die Tageszeitung, 09.02.2016
© Alle Rechte vorbehalten taz. Die Tageszeitung. Zur Verfügung gestellt von taz. Die Tageszeitung Archiv
Libération, 14.05.2019
© Alle Rechte vorbehalten Libération. Zur Verfügung gestellt von Libération Archiv
Le Monde, 14.05.2019
© Alle Rechte vorbehalten Le Monde. Zur Verfügung gestellt von Le Monde Archiv
Le Temps, 14.05.2019
© Alle Rechte vorbehalten Le Temps. Zur Verfügung gestellt von Le Temps Archiv
Interview vérité : Jim Jarmusch - Archive INA
Thierry Ardisson / INA
en de / 13.05.1989 / 6‘35‘‘

"Fishing with John" (Guest: Jim Jarmusch)
/ John Lurie
en / 30.06.1991 / 23‘48‘‘

"Kino 84" (Documentary on Jarmusch's early films)
Martina Müller / WDR
en / 30.06.1984 / 41‘52‘‘

On Cinema masterclass: Jim Jarmusch
Kent Jones / Film Society of Lincoln Center
en / 11.10.2016 / 56‘52‘‘

"Mama Papa Zombie" (Doku über den 'gefährlichen' Einfluss von Horrorfilmen - 1984)
/ ZDF
de / 30.06.1984 / 44‘58‘‘

"White Zombie" (Erster Zombiefilm der Filmgeschichte - 1932)
/ Victor Halperin
en / 30.06.1932 / 67‘10‘‘

Filmdateno

Genre
Komödie, Horror
Länge
103 Min.
Originalsprache
Englisch
Bewertungen
cccccccccc
ØIhre Bewertung5.5/10
IMDB-User:
5.5 (85020)
Cinefile-User:
< 10 Stimmen
KritikerInnen:
< 3 Stimmen

Cast & Crewo

Bill MurrayCliff Robertson
Adam DriverRonald Peterson
Tilda SwintonZelda Winston
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Bonuso

iGefilmt
Interview vérité : Jim Jarmusch - Archive INA
INA, en de, 6‘35‘‘
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Film Society of Lincoln Center, en , 56‘52‘‘
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"Mama Papa Zombie" (Doku über den 'gefährlichen' Einfluss von Horrorfilmen - 1984)
ZDF, de , 44‘58‘‘
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"White Zombie" (Erster Zombiefilm der Filmgeschichte - 1932)
Victor Halperin, en , 67‘10‘‘
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gGeschrieben
Besprechung Süddeutsche Zeitung
Susan Vahabzadeh
s
Besprechung Tages-Anzeiger
Pascal Blum
s
Über den Einfluss der Musik auf das Werk von Jim Jarmusch
taz. Die Tageszeitung / Sara Piazza
s
Besprechung Libération
Julien Gester
s
Besprechung Le Monde
Thomas Sotinel
s
Besprechung Le Temps
Antoine Duplan
s
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