Private Banking

Bettina Oberli, Schweiz, 2017o

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Aufhebung des Bankgeheimnisses und automatischer Datenaustausch: Der Bankenplatz ist in Aufruhr, ein Geschäftsmodell bröckelt. Mitten in der Krise erleidet der Gründer einer Privatbank einen Herzinfarkt und seine uneheliche Tochter kämpft gegen erbitterte Widerstände der Familie und Geschäftsleitung um die Zukunft des Instituts. Je tiefer sie jedoch in die Geheimnisse der Bank und ihres Vaters eindringt, desto mehr bekommt sie auch moralische Zeifel.


Galerieo

Tages-Anzeiger, 17.12.2017
SRF-Banker-Film ist vor allem eins: sehr lustig

«Private Banking» beginnt mit Leopold Weyer von der Privatbank Weyer. Nach einer Rede geht er ins Wasser, danach liegt er im Koma.

Von Pascal Blum

Seit wann kann man eigentlich nicht mehr fernsehen, ohne das Gefühl zu bekommen, man habe wieder eine Hausaufgabe zu erledigen? Man muss ja entweder nachholen, wovon die anderen ständig reden. Und wenn nicht, läuft garantiert wieder irgendwo ein gesellschaftlich brisantes Event-TV-Movie über Islamismus oder Mobbing am Arbeitsplatz. Kommt das alles in der Prüfung?

Auch hiesige Beobachter fordern gern, der Schweizer Film solle sich stärker in die Aktualität wühlen. Vielleicht denkt man, er werde so quasi von allein relevant. Der Gegenbeweis heisst «Private Banking» von Bettina Oberli («Die Herbstzeitlosen»). Der SRF-Zweiteiler respektive das «grosse TV-Highlight» sollte ursprünglich eine Serie werden, dann aber merkte man, dass RTS ebenfalls daran war, eine Bankenserie auszuarbeiten. Nach der Sichtung der ersten 90 Minuten kann man festhalten: Zwei Teile sind wahrscheinlich auch genug.

«Private Banking» beginnt mit Leopold Weyer von der Privatbank Weyer. Nach einer Rede geht er ins Wasser, danach liegt er im Koma. Seiner Tochter Caroline (Stephanie Japp), die mit Banken aber rein gar nichts zu tun hat, hinterlässt er eine Verfügung: Sie soll seine Anteile übernehmen. Es betritt nun eine Suchttherapeutin mit Drogenvergangenheit die mondäne Welt des Privatbankengeschäfts. Dieses befindet sich wie alles im Wandel. Statt persönlicher Beratung herrscht automatische Kontoführung, statt Steuerhinterziehung automatischer Informationsaustausch, und im Banktresor liegen auch keine Geldnotenstapel mehr. Da surrt stattdessen der Server, allerdings zeigt der gerade eine Fehlermeldung an. Hallo SRF!

Diskrete Drecksgeschäfte

Es ist ja keine schlechte Idee: In dem Moment, in dem all die Privatbankiers mit Familientradition international zurechtreguliert, digital abgehängt und von allen guten Geldern verlassen werden, kommt ein Ex-Junkie daher. Caroline will nicht nur saubermachen, denn die Bank Weyer versteckt ein paar diskrete Drecksgeschäfte. Sie hat auch, wie ihr Vater, ein Gschpüri für die Menschen und ihre Sehnsüchte jenseits des Gelds. Sie ist eine Authentische, weshalb sie es dann auch gleich fertigbringt, einen Stammkunden auf perfid intime Art zu manipulieren.

Bis sie zur Herrin im Haus zu Weyer wird, macht Caroline eine etwas unvermittelte Wandlung vom Punk-Chic zum Business-Blazer durch, während der sie sich mächtigen Männern entgegenstellt. Die Dynamik wird schon in der Figureneinführung angedeutet: Da behandelt die Therapeutin noch einen hoffnungslosen Fall, einen Süchtigen, der sich bedrohlich vor ihr aufbaut. Erst dank einer beherzten Aktion gewinnt Caroline wieder die Oberhand. Nur ist das alles so schlecht gespielt, dass die Idee gleich wieder verpufft.

Es gibt auch sonst viel zu lachen. Der Star-Kundenberater brüllt «Ich ha neui Leads i dr Pipeline!». Fabian Krüger zieht als Carolines Halbbruder und Gegenspieler unablässig ein Gesicht, das sagt: Ich bin sehr wütend auf dich. Wichtig ist das Wort «Portfolio», denn dieser Mehrteiler ist recherchiert, und weil er das ist, müssen wir das merken (ein Headhunter hat am Drehbuch mitgeschrieben). Es gibt eine ganze Mansplaining-Sitzung, in der Caroline und uns die wichtigsten Begriffe erklärt werden.

So wird uns signalisiert, dass aus Komplexem Unterhaltung geworden sei. Das Problem ist, dass man nur das sieht: blinkende Signale.

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Berner Zeitung, 15.12.2017
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Aargauer Zeitung, 14.12.2017
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Tages-Anzeiger, 18.12.2017
Was sagt der Privatbankier zum SRF-Film?

Christian Rahn hat mit unserem Autor «Private Banking» angeschaut. Ist der Banker-Job wirklich so? Rahns Fazit.

Von Jorgos Brouzos

Unverhofft tritt Caroline Weyer in die Fussstapfen ihres Vaters. Der Teilhaber eines traditionsreichen Geldhauses hat einen Herzinfarkt. Seine Tochter muss übernehmen. Eigentlich Suchttherapeutin, wird sie über Nacht zur wichtigen Figur in einer Bank, die in einer tiefen Krise steckt. Das ist die Ausgangslage des SRF-Zweiteilers «Private Banking», dessen erster Teil am Sonntag ausgestrahlt wird.

Christian Rahn ist Privatbankier. Auch er übernahm einst von seinem Vater. Heute ist er Teilhaber der Zürcher Bank Rahn+Bodmer Co. – einer der letzten echten Privatbanken der Schweiz, bei der die Inhaber mit ihrem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der Bank haften. Die Rahns gehören zu den ältesten Bankierdynastien. Die Firma besteht seit 1750.

Die Familie Rahn ist in der Realität also ein Stück weit das, was die Weyers im Film sind. Und doch findet Christian Rahn in seinem Alltag nicht das wieder, was im Streifen gezeigt wird. «Es sind viel zu viele Klischees», so das Fazit des Bankiers, nachdem er den Zweiteiler gesehen hat. Einige davon seien zwar süffig, realistisch seien sie aber nicht.

Dabei liessen sich die Filmschaffenden von Bankjuristen, Compliance-Officers und Wirtschaftsjournalistinnen beraten. Sie nutzten auch ihre Kontakte zu Insidern. «Ausschlaggebend war, dass das Milieu stimmt und die Geschichte plausibel ist», so Lilian Räber, Leiterin der Abteilung Fernsehfilm SRF.

30 Angestellte für 8 Milliarden

Auch von der Grösse her ist Rahn+Bodmer mit der Filmbank Weyer vergleichbar. Das reale Traditionshaus an der Zürcher Talstrasse verwaltet rund 12 Milliarden Franken Kundengelder. Die Bank Weyer betreut 8 Milliarden Franken – mit 30 Angestellten. Das sorgt bei Rahn für Stirnrunzeln. «Mit 30 Mitarbeitern können Sie nicht 8 Milliarden professionell betreuen.» Seine Bank beschäftigt rund 180 Leute.

Bei der fiktiven Bank Weyer kriselts. Sie kann sich den gestiegenen Aufwand durch die gesetzlichen Anforderungen nicht mehr leisten und soll daher verkauft werden. Rahn überzeugt das nicht: «Die kleinen Banken müssen sich nicht zusammenschliessen, weil die Regulierung so teuer geworden ist.» Eine Privatbank verdiene ihr Geld mit der Kundenberatung, dabei spiele die Grösse des Instituts keine Rolle. «Daher müssen kleine Banken nicht verschwinden, wenn sie sich auf die Kundenberatung spezialisieren», so Rahn.

Vieles bei der Filmbank Weyer erinnert ihn an vergangene Zeiten. So streitet sich die junge Rechtsexpertin und Compliance-Angestellte Stefanie Pfenninger, die dafür sorgen soll, dass sich die Bank keinen Ärger einhandelt, mit den Kundenberatern, die möglichst unkontrolliert frisches Geld an Bord holen sollen. «Compliance und Kundenberatung arbeiten Hand in Hand», so Rahn. Auch reiche eine Person für die Überprüfung der Kundendossiers nicht. Bei der Bank Rahn+Bodmer sind rund zehn Leute für die Compliance zuständig.

«Die Fiktion spitzt auch mal zu und muss sich nicht an dokumentarische Fakten halten», sagt SRF-Frau Räber. Es sei nicht wichtig, dass die Zahl wahrscheinlich, sondern dass sie möglich sei. Die eklatante Unterbesetzung der Compliance werde im Film explizit erwähnt.

Mit dem Kunden aufs Pissoir

Bei der Bank Weyer hängt viel an wenigen Kundenberatern. Holen sie Neugelder, dürfen sie eine Glocke läuten. Bei Rahn+Bodmer gibt es das nicht. «Wir arbeiten, wir zelebrieren nicht», so Rahn. Auch stünden die Kundenberater nicht über den anderen Angestellten. Sie könnten keine Klienten vor der Geschäftsleitung verstecken, wie es im Film geschieht. Böse Überraschungen durch unbekannte Kunden mit unversteuerten Geldern könne es nicht mehr geben. «Es gab sicher auch schwarze Schafe im Banking», so Rahn. Die Privatbankiers seien aber sehr interessiert daran, dass die Finanzmarktaufsicht hart gegen Geldwäscherei vorgehe. «Wenn die Branche einen schlechten Ruf bekommt, schadet uns das auch.»

Die Kundenberater der Bank Weyer hingegen nutzen jeden Kniff, um an Kunden zu kommen. So begleitet einer einen reichen, betrunkenen Dänen aufs Klo, um ihm beim Pinkeln zu helfen. Für Rahn unvorstellbar. «Ein Privatbankier muss die Lebensumstände seines Kunden kennen, erst dann kann er ihn beraten. Aber deshalb würde ich mit ihm keinesfalls auf die Toilette gehen.»

Eng sind die Beziehungen zu den Kunden aber trotzdem. Rahn geht mit seinen Klienten bergsteigen, andere golfen zusammen. Kein Wunder: Die Kunden bleiben über Jahrzehnte bei der Bank, so Rahn. «Man spricht mit ihnen über ihr Geld, ihre Karriere, ihren Tod. Das führt manchmal dazu, dass aus langjährigen Kundenbeziehungen echte Freundschaften werden.»

Beim SRF wollte man einen Bogen aus der Vergangenheit ins Jetzt spannen. Für Rahn hat das nicht geklappt. Punkto Schwarzgeld zeige der Film eine Situation, wie sie vor 15 Jahren gewesen sei. Der Film endet denn auch mit der Aussage, dass 2400 Milliarden Franken ausländische Vermögen in der Schweiz verwaltet werden. Davon sei ein grosser Teil unversteuert, und das solle so bleiben. Für Rahn ein falsches Fazit. «Fast alle Kundenvermögen aus dem Ausland sind heute versteuert.» Dass eine Bank wie das Geldhaus Weyer zum Verkauf steht, ist daher für Rahn kein Zufall. So ein Institut habe keine Zukunft.

© Alle Rechte vorbehalten Tages-Anzeiger. Zur Verfügung gestellt von Tages-Anzeiger Archiv
SRF, 12.12.2017
© Alle Rechte vorbehalten SRF. Zur Verfügung gestellt von SRF Archiv
Neue Zürcher Zeitung, 14.12.2017
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Making-of
/ SRF
de / 04.12.2017 / 6‘02‘‘

Filmdateno

Genre
Drama, Fernsehfilm
Länge
186 Min.
Originalsprachen
Schweizerdeutsch, Deutsch
Bewertungen
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ØIhre Bewertung7.0/10
IMDB-User:
7.0 (179)
Cinefile-User:
< 10 Stimmen
KritikerInnen:
< 3 Stimmen

Cast & Crewo

Stephanie JappCaroline Pfister
Marc BenjaminMarco Antonelli
Anna SchinzStephanie Pfenninger
MEHR>

Bonuso

iGefilmt
Making-of
SRF, de , 6‘02‘‘
s
gGeschrieben
Besprechung Tages-Anzeiger
Pascal Blum
s
Besprechung Berner Zeitung
Fabian Sommer
s
Besprechung Aargauer Zeitung
Andreas Schaffner
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Analyse eines Privatbankiers zum Film
Tages-Anzeiger / Jorgos Brouzos
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SRF / Leslie Leuenberger
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Interview mit Regisseurin Bettina Oberli
Neue Zürcher Zeitung / Claudia Schwartz
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