Tre piani

Nanni Moretti, Italien, Frankreich, 2021o

s
vzurück

Der Sohn eines Richterpaares verliert angetrunken die Kontrolle über sein Auto und hofft auf die Unterstützung seiner Eltern, um nicht verurteilt zu werden. Die Mutter eines kleinen Kindes, deren Mann oft beruflich im Ausland ist, fühlt sich einsam und durch Visionen eines schwarzen Vogels beunruhigt. Ein junger Familienvater hegt gegenüber einem älteren Nachbarn einen schrecklichen Verdacht. Sie alle leben im selben Haus in einem wohlhabenden Quartier in Rom. Während die Männer in ihrem Eigensinn gefangen sind, versuchen die Frauen, ihre zerrütteten Leben voller familiärer Brüche zu kitten.

Nanni Moretti, der liebenswerte Selbstironiker aus Filmen wie «Caro diario», als Prinzipienreiter? Ja, vieles ist dieses Mal anders: Erstmals hat der Regisseur und Schauspieler keinen eigenen Stoff verfilmt, Vorlage ist ein Roman des israelischen Autors Eshkol Nevo. Erstmals inszeniert Moretti nicht mit Zurückhaltung, sondern spielt die Gefühle wuchtig aus. Er erzählt nicht nur die Geschichte der Richterfamilie, sondern verwebt die Schicksale aller Menschen auf den drei Stockwerken – «Tre piani». Streckenweise erinnert das an eine TV-Seifenoper. Zum Glück blitzt zwischendurch Morettis lakonischer Humor doch noch auf.

Matthias Lerf

Le cynisme et la noirceur laissent place à une émotion, d’abord diffuse mais qui prend corps, accentuée par la présence d’un bébé ou d’un enfant (les seuls innocents ?). Tous les personnages vont se sentir perdus voire coupables, à un moment où un autre, dans ce labyrinthe tragique et mélodramatique.

Christophe Caron

Nanni Moretti offre une merveille de cinéma.

Laurent Cambon

Galerieo

Tages-Anzeiger, 06.02.2022
Nanni Moretti will nicht mehr Nanni Moretti sein

In «Tre piani» setzt der Römer Filmemacher auf grosse Gefühle – kann sich selber aber zum Glück nicht ganz verleugnen.

Von Matthias Lerf

Gleich zu Beginn kracht ein Auto in ein Haus, eine richtige Actionszene, wie sie noch nie zu sehen war im Werk von Nanni Moretti. «Stimmt, ich habe versucht, mich so weit vom Moretti-Stil zu entfernen wie nur möglich», sagte der Regisseur, als er nach der Premiere von «Tre piani» in Cannes darauf angesprochen wurde.

Wie bitte? Der Mann hinter so selbstironischen Komödien wie «Caro diario» und so persönlich gefärbten Tragödien wie «La stanza del figlio» hat genug vom eigenen Stil? Oder ist es bloss Koketterie?

Nein. Mit heiligem Ernst stellt Moretti die Einwohnerschaft eines dreistöckigen Hauses – «Tre piani» – vor. Zum Beispiel die hochschwangere Frau, die allein zurechtkommen muss, weil sich ihr Mann immer auf Geschäftsreise befindet. Oder den umgänglichen Familienvater, der eine Minderjährige verführt (oder ist es umgekehrt?).

Das sind nicht Figuren, die Nanni Moretti erfunden hat. Erstmals in seiner langen Karriere hat der 68-Jährige auf die Vorlage eines anderen zurückgegriffen: Es ist die Verfilmung des Romans «Shalosh komot» des israelischen Autors Eshkol Nevo (auf Deutsch erschienen als «Über uns»). Der Film spielt aber nicht in Tel Aviv, sondern in Rom.

«Ich bin normalerweise ein sehr langsamer Leser», sagte Moretti, «dieses wunderbare Buch habe ich jedoch in einem Zug verschlungen. Und schon bevor ich auf der letzten Seite war, wusste ich, dass ich daraus einen Film machen will. Keinen Moretti-Film, aber einen eigenen.»

Mitspielen wollte er schon gar nicht. Seine beiden Co-Drehbuchautoren hätten ihn aber so lange bearbeitet, bis er schliesslich bereit gewesen sei, ebenfalls einen Part zu übernehmen: Moretti gibt nun einen strengen Richter, der im obersten Stock des Hauses wohnt. Und eisern juristische Prinzipien über Vaterliebe stellt.

Es ist keine sehr sympathische Figur, aber das ist bei allen Bewohnerinnen und Bewohnern so. Moretti haben offenbar die Verwicklungen und Konflikte, in die sie sich verstricken, mehr interessiert als die Personen selbst. So erinnert «Tre piani» – wirklich sehr unmorettihaft – eher an eine Fernsehseifenoper, die sich endlos dahinziehen könnte.

«Bisher dachte ich, alle meine Filme seien Kapitel eines einzigen grossen Werkes. In diesem Fall ist es tatsächlich anders», sagte Moretti in Cannes. Aber ganz wohl schien es ihm dabei nicht zu sein: Er kündete gleichzeitig an, an einer neuen Komödie zu arbeiten. «Wohl eher im Moretti-Stil.»

Mal schauen. Festzuhalten bleibt aber: «Tre piani» ist auch in dem von Moretti beabsichtigten Sinn nicht ganz gelungen. Ab und zu schimmert trotz allem durch, was der Regisseur unbedingt vermeiden wollte: ein wenig von seinem lakonischen, trockenen Humor. Zum Glück.

© Alle Rechte vorbehalten Tages-Anzeiger. Zur Verfügung gestellt von Tages-Anzeiger Archiv
epd Film, 24.02.2022
© Alle Rechte vorbehalten epd Film. Zur Verfügung gestellt von epd Film Archiv
The Guardian, 10.07.2021
© Alle Rechte vorbehalten The Guardian. Zur Verfügung gestellt von The Guardian Archiv
The Film Stage, 30.06.2021
© Alle Rechte vorbehalten The Film Stage. Zur Verfügung gestellt von The Film Stage Archiv
aVoir-aLire.com, 11.07.2021
© Alle Rechte vorbehalten aVoir-aLire.com. Zur Verfügung gestellt von aVoir-aLire.com Archiv
cinopsis.be, 08.11.2021
© Alle Rechte vorbehalten cinopsis.be. Zur Verfügung gestellt von cinopsis.be Archiv
Cannes Press Conference
/ Cannes Film Festival
en / 13.07.2021 / 33‘35‘‘

“Tre piani” de Nanni Moretti : de la difficulté d’être un bon père
/ ARTE
fr / 08.11.2021 / 12‘35‘‘

Nanni Moretti : L'Entretien
/ SensCritique
fr / 09.11.2021 / 15‘59‘‘

Filmdateno

Synchrontitel
Three Floors EN
Genre
Drama, Komödie
Länge
120 Min.
Originalsprache
Italienisch
Bewertungen
cccccccccc
ØIhre Bewertung6.6/10
IMDB-User:
6.4 (2925)
Cinefile-User:
7.2 (10)
KritikerInnen:
< 3 Stimmen q

Cast & Crewo

Margherita BuyDora
Nanni MorettiVittorio
Alessandro SperdutiAndrea
MEHR>

Bonuso

iGefilmt
Cannes Press Conference
Cannes Film Festival, en , 33‘35‘‘
s
“Tre piani” de Nanni Moretti : de la difficulté d’être un bon père
ARTE, fr , 12‘35‘‘
s
Nanni Moretti : L'Entretien
SensCritique, fr , 15‘59‘‘
s
gGeschrieben
Besprechung Tages-Anzeiger
Matthias Lerf
s
Besprechung epd Film
Gerhard Midding
s
Besprechung The Guardian
Peter Bradshaw
s
Besprechung The Film Stage
David Katz
s
Besprechung aVoir-aLire.com
Laurent Cambon
s
Besprechung cinopsis.be
Eric Van Cutsem
s
Wir verwenden Cookies. Mit dem Weitersurfen auf cinefile.ch stimmen Sie unserer Cookie-Nutzung zu. Mehr Infos in unserer Datenschutzerklärung.